Die heute gültige polnisch-russische Grenze ist eine fast geradlinig verlaufende, etwa 232 Kilometer lange Trennung zwischen der Republik Polen (Mitglied der EU, NATO) und der Oblast Kaliningrad in der Russischen Föderation (Mitglied der GUS, OVKS). Das Kaliningrader Gebiet ist eine Exklave, d. h. ein Gebiet, das nicht mit dem übrigen Russland verbunden ist.

Der aktuelle Verlauf wurde in Folge des Zweiten Weltkriegs festgelegt. Im Jahr 2004 wurde diese Grenze zur Außengrenze der Europäischen Union, des Schengen-Gebietes und der NATO zur Gemeinschaft Unabhängiger Staaten.

Geschichte

Die Änderungen der Grenze zwischen Polen und Russland lassen sich bis in die frühe Geschichte beider Nationen zurückverfolgen. Eines der frühesten Ereignisse war das Eingreifen des polnischen Königs Bolesław I. in den Kiewer Erbfolgekrieg im Jahr 1018. Nach der Gründung der Königlichen Republik Polen-Litauen erstreckte sich die polnische Ostgrenze, die zum größten Teil mit dem Moskauer Zarenreich (später Russisches Kaiserreich) identisch war, von der Ostsee im Norden bis zum Schwarzen Meer im Süden. In der Zeit der ersten Teilung Polens (1772, 1793 und 1795), die die russischen Grenzen um 480 km nach Westen verlagerte, teilten sich mehrere kleine polnische Staaten wie das Herzogtum Warschau und Kongresspolen eine Grenze mit dem Russischen Reich.

Nach dem Ersten Weltkrieg

Nach dem Ersten Weltkrieg teilte die neue Zweite Polnische Republik eine Grenze mit der Sowjetunion, die während des Polnisch-Sowjetischen Krieges geformt und im Friedensvertrag von Riga an der Linie Dsisna–Dokschyzy–Słucz–Korez–Ostroh–Sbrutsch bestätigt wurde. Diese Grenze war 1407 Kilometer lang.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Potsdamer Abkommen wurde Ostpreußen vorbehaltlich einer endgültigen Friedensregelung (→ Zwei-plus-Vier-Vertrag 1990) zwischen der Volksrepublik Polen und der Sowjetunion aufgeteilt. Das nördliche Gebiet um Königsberg wurde daraufhin von der Russischen SFSR übernommen, obwohl eine Angliederung an die Litauische SSR sinnvoller gewesen wäre. Die einheimische ostpreußische Bevölkerung wurde fast komplett vertrieben, sofern sie nicht bereits durch andere Kriegsereignisse und -folgen umgekommen war. Deren Land wurde überwiegend mit Sowjetbürgern besiedelt. Der polnische Anteil an Ostpreußen wurde auf die neu gegründeten Woiwodschaften Danzig, Olsztyn und Suwałki aufgeteilt. Hier wurden in erster Linie Polen aus Zentralpolen und im Rahmen der Aktion Weichsel aus Südostpolen vertriebene Ukrainer angesiedelt. Die Orte, sofern sie nicht aufgelöst oder zu größeren Einheiten zusammengefasst wurden, bekamen fast ausschließlich andere Namen.

17 Rayons im Gebiet von Białystok sowie 3 Rayons im Umkreis von Brest, die ursprünglich der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik (BSSR) zugeschlagen werden sollten, wurden Polen zugewiesen.

Die neue polnisch-sowjetische Grenze war zunächst 1321 Kilometer lang und unterlag einer geringfügigen Änderung, den polnisch-sowjetischen Gebietsaustausch von 1951, der die Grenzlänge auf 1244 Kilometer reduzierte. Durch die sehr willkürliche Grenzziehung wurde die Infrastruktur massiv gestört. Traditionelle Wohngebiete und die regionale Versorgungslogistik wurden zerrissen. Da aber die Nachbarschaft der Deutschen ohnehin nicht mehr existierte und zudem das unmittelbare Grenzgebiet in großen Teilen unbesiedelt blieb, wurden die Folgen nur bei der Unterbrechung von überregionalen Verkehrswegen spürbar.

Aktuelle Grenze

Die heute gültige Grenze zwischen Polen und Russland wird durch eine Reihe von Rechtsdokumenten geregelt, von denen viele aus der Zeit der Volksrepublik Polen und der Sowjetunion stammen, einschließlich des Grenzabkommens zwischen Polen und der UdSSR vom 16. August 1945. Während die tatsächliche Grenzlinie nach dem Fall der Sowjetunion unverändert blieb, verwandelte der Zerfall der Sowjetunion in eine Reihe postsowjetischer Staaten die polnisch-sowjetische Grenze in eine polnisch-russische, polnisch-litauische, polnisch-belarussische und polnisch-ukrainische Grenze. Die polnisch-russischen Grenzen wurden im polnisch-russischen Vertrag von 1992 bestätigt und 1993 ratifiziert.

Die polnisch-russische Grenze ist die zwischen Polen und der Oblast Kaliningrad Russlands. Das Gebiet hat als Exklave keine inländische Landverbindung zum Rest Russlands. Die Grenze ist 232,04 km lang, einschließlich des 22,21 km langen Anteils in der Ostsee, der die Hoheitsgebiete abgrenzt. Der größte Anteil befindet sich in der Woiwodschaft Ermland-Masuren. Der äußerste Osten befindet sich in der Woiwodschaft Podlachien und der westlichste Abschnitt (an der Weichsel-Nehrung) in der Woiwodschaft Pommern.

Die offizielle Festlegung der Grenze wurde am 5. März 1957 mit folgenden Worten beschlossen:

Die Vertragsparteien bestätigen, dass die bestehende Staatsgrenze zwischen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und der Volksrepublik Polen im Ostseegebiet, wie sie auf der Berliner Konferenz von 1945 festgelegt wurde, von der Grenzmarke Nr. 1987 abläuft, die an der Kreuzung der Ostsee errichtet wurde, die Grenzen der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (Kaliningrad Region), der Litauischen Sozialistischen Sowjetrepublik und der Polnischen Volksrepublik bei der Abgrenzung der sowjetisch-polnischen Staatsgrenze in den Jahren 1946–1947 in allgemeiner westlicher Richtung, 0,5 Kilometer nördlich der bewohnten Ortschaft Żytkiejmy, 4 km nördlich der bewohnten Ortschaft Gołdap, 0,5 km südlich der bewohnten Ortschaft Krylovo, 3 km südlich der bewohnten Ortschaft Schelesnodoroschny, 2 km südlich der bewohnten Ortschaft Bagrationowsk, 4 km südlich der bewohnten Ortschaft Mamonowo, 7 Kilometer nördlich der bewohnten Ortschaft Braniewo (ehemals Braunsberg) und von dort über das Frische Haff und die Frische Nehrung bis zu einem Punkt am Westufer dieser Nehrung 3 Kilometer nordöstlich der bewohnten Ortschaft Nowa Karczma (die Entfernungen zwischen den bewohnten Orten und der Grenze sind annähernd).

Als Polen im Jahr 2004 der Europäischen Union beitrat, wurde diese Grenze zu einer Außengrenze der EU mit einem Nicht-EU-Land. Es ist eine der fünf Grenzen, die Russland mit der EU teilt.

2008 gab es drei zugelassene Straßen-Grenzübergänge zu Polen und drei Bahn-Grenzübergänge (siehe Tabelle). Am 24. November 2010 wurde zwischen Grzechotki und Mamonovo der größte Straßenübergang eröffnet. Weitere Übergänge wurden ausgebaut (Perły-Krylovo, Piaski-Baltiysk, Rapa-Ozyorsk), da die EU-Standards von Polen verlangten, mindestens sieben Passagen an dieser Grenze zu betreiben.

Grenzgebiet

Kleiner Grenzverkehr

Da das Gebiet Kaliningrad klein, homogen und eine Exklave innerhalb der Europäischen Union ist, wurde für das gesamte Gebiet im Jahr 2011 der Status eines Grenzgebiets verhandelt, das den Bestimmungen des Kleinen Grenzverkehrs unterlag. Der Vertrag zwischen der Republik Polen und der Russischen Föderation, der im Juli 2012 in Kraft trat, erlaubte den Einwohnern ausgewählter, grenznaher Kreise der Woiwodschaften Ermland-Masuren und Pommern sowie den Einwohnern der gesamten russischen Oblast Kaliningrad, ohne Visum in diejenigen Zonen im Nachbarstaat zu reisen, die vom Vertrag erfasst werden. Ausreichend war ein Eintrag im Pass (als fälschungsgesicherter Aufkleber), der den Einwohnern der Gebiete problemlos ausgestellt wurde. Der Grenzverkehr entwickelte sich lebhaft. Im ersten Quartal 2012 gab es an der polnisch-russischen Grenze den lebhaftesten Verkehr an Grenzen, die Polen mit den Nicht-EU-Ländern teilt (verglichen mit der Grenze zur Ukraine und zu Belarus). In diesem Zeitraum waren die Mehrzahl der Grenzüberschreitungen spontane Tagesaufenthalte, um im Nachbarland einzukaufen. Es waren 45 % der Ausländer, die nach Polen einreisten und 87 % Polen, die nach Russland einreisten. 22 % Ausländer und 7 % Polen überquerten Grenzen zum Zweck des Tourismus und des Transits. Ab 2013 wurde die Einrichtung zusätzlicher Grenzübertrittspunkte in Betracht gezogen.

In Folge des russischen Kriegs in der Ostukraine und der russischen Annexion der Krim im März 2014 kam es ab 2014 durch schärfere Kontrollen auf Waren, die unter Embargos fallen und durch ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis zu deutlichen Störungen des kleinen Grenzverkehrs. Sanktionen, Restriktionen und politische Bedenken behinderten den Grenzverkehr. 2016 hat Polen den kleinen Grenzverkehr ausgesetzt. Für die Einreise ist ein reguläres Visum erforderlich, das schwieriger zu beschaffen, kostenpflichtig und begrenzt gültig ist. Somit wurde die Reisefreiheit auf privilegierte Bürger eingeschränkt.

Russischer Überfall auf die Ukraine

Seit September 2022 hat Polen einen Einreisestopp für russische Bürger verhängt. Als Reaktion auf den russischen Überfall auf die Ukraine hat Estland die Einreise für Russen mit Schengen-Visum weiter beschränkt. Seit 19. September 2022 dürfen russische Staatsbürger mit einem Schengen-Visum für touristische Aufenthalte, Geschäftsreisen, Sport- und Kulturveranstaltungen hier nicht mehr einreisen – unabhängig davon, von welchem Mitgliedsland das Visum ausgestellt wurde. Am 2. November 2022 kündigte der polnische Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak den Bau einer Sperre entlang der Grenze zur russischen Exklave Kaliningrad an um illegale Migration zu verhindern.

Die polnische Regierung (Kabinett Morawiecki III) verbot am 16. September 2023 die Einreise von Fahrzeugen, die in Russland zugelassen sind.

Verteidigungsminister Władysław Kosiniak-Kamysz (Kabinett Tusk III) sagte im Mai 2024, Polen wolle die Grenze zu Russland und 400 Kilometer Grenze zu Belarus befestigen und mit dem Bau noch 2024 beginnen. Dies solle insgesamt 2,3 Milliarden Euro kosten; man hoffe auf finanzielle Unterstützung der EU.

Grenzverlauf

Galerie

Siehe auch

  • Curzon-Linie
  • Liste der Grenzen in Europa
  • Russisch-Polnische Kriege

Weblinks

  • Linija Barciany – Железнодорожный. Ogólnopolska Baza Kolejowa, 1. Juni 2019, abgerufen am 2. Juli 2019 (polnisch). 
  • Grenzübergänge im Gebiet Kaliningrad. Auswärtiges Amt, 2019, abgerufen am 22. Mai 2019. 
  • Gesine Dornblüth: Russland und das Baltikum. Kriegsszenarien und kleiner Grenzverkehr. Deutschlandfunk, 10. Mai 2018, abgerufen am 26. Mai 2019: „Seit Wladimir Putin seine Truppen an der Grenze zu den baltischen Ländern verstärkt hat, hat auch die NATO ihre Präsenz erhöht. Unter den militärischen Drohgebärden leiden vor allem die Esten, Letten, Litauer und Polen. Private oder geschäftliche Beziehungen über Grenzen hinweg werden schwieriger.“ 
  • Paul Flückiger: Wo die russische Exklave Kaliningrad nur 20 Meter entfernt ist. NZZ, 27. August 2018, abgerufen am 22. Mai 2019: „An der Grenze zwischen Litauen und der russischen Exklave Kaliningrad mischen sich starke Sicherheitsmaßnahmen mit Pragmatismus. Der Ost-West-Konflikt ist spürbar.“ 
  • Sönke Krüger: Russlands Exklave zwischen Litauen und Polen. welt online, 22. Mai 2018, abgerufen am 22. Mai 2019: „Das Kaliningrader Gebiet hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Lang durfte kein Ausländer einreisen. Heute steht die „Sahara an der Ostsee“ Besuchern aber offen. Und es gibt noch mehr Interessantes zu entdecken.“ 
  • Gesine Dornblüth: Russland und das Baltikum. Kriegsszenarien und kleiner Grenzverkehr. Deutschlandfunk, 10. Mai 2018, abgerufen am 22. Mai 2019: „Seit Wladimir Putin seine Truppen an der Grenze zu den baltischen Ländern verstärkt hat, hat auch die NATO ihre Präsenz erhöht. Unter den militärischen Drohgebärden leiden vor allem die Esten, Letten, Litauer und Polen. Private oder geschäftliche Beziehungen über Grenzen hinweg werden schwieriger.“ 
  • Litauen baut Zaun an der Grenze zu Kaliningrad. ZEIT ONLINE, dpa, AFP, sre, 6. Juni 2017, abgerufen am 22. Mai 2019: „Der Bau des Zauns entlang der EU-Außengrenze zur russischen Exklave hin hat begonnen. Damit will sich das Land gegen Schmuggler schützen – und gegen Russland.“ 
  • Treaty between the Republic of Lithuania and the Russian Federation on the Delimitation of the Exclusive Economic Zone and the Continental Shelf in the Baltic Sea. (PDF) In: Delimitation Treaties Infobase. UN, 24. Oktober 1997, abgerufen am 22. Mai 2019 (englisch). 
  • Russia. In: The World Factbook. CIA, 13. Mai 2019, abgerufen am 22. Mai 2019 (englisch). 
  • На литовской границе обнаружили контрабанду сигарет на 5 млн рублей. Росбалт.RU, 14. April 2010, abgerufen am 22. Mai 2019 (russisch). 
  • Arnaud Serry: Circulation at Russian-Baltic States Boundary. A Cut and a Seam. In: Review of Urban and Regional Development Studies. Université du Havre, 2012, abgerufen am 22. Mai 2019 (englisch). 
  • Kaliningrad: Grenzen im Haff für Schiffsverkehr offen? Russland-Aktuell, 4. März 2007, abgerufen am 4. Juli 2019. 

Anmerkungen

Einzelnachweise


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Grenzbarriere an der Grenze zwischen Polen und Belarus.Grenze zwischen

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